Unternehmen setzen zunehmend Wikis als Wissensplattform ein - das ist nichts Neues. Neu ist auch nicht, dass viele Projekte scheitern: Intranet-Wikis funktionieren anders als Wikipedia.
Es sind nicht nur die technischen Unterschiede (beispielsweise braucht Wikipedia kein Rechtesystem, um die Zugänge verschiedener Abteilungen zu regulieren); es ist die Missachtung, dass bei einer Wikieinführung viel mehr Apskete zu berücksichtigen sind als bei „klassischen“ Softwareinführungen: schließlich geht es darum, gewohnte Kommunikationwege zu verlassen, was zu einer Änderung der Unternehmenskultur führen kann (und meistens auch soll). Diese besonderen Herausforderungen haben sich mittlerweile herumgesprochen, und Kommunikationagenturen und Beratungshäuser werden zunehmend ernst genommen, wenn sie Unterstützung und Beratung im Wiki-Einführungsprozess bieten.
In diesem Artikel möchte ich allerdings auf einen anderen Aspekt eingehen, der erst auftritt, wenn das Wiki erfolgreich in Betrieb genommen wurde und im Unternehmen etabliert ist: Die Sicherung der Qualität der Artikel.
Auch hier hilft es zu verstehen wie Wikipedia funktioniert, und warum das nicht auf Enterprise Wikis übertragbar ist: Bei Wikipedia ist das Kontrollorgan die Community - also Tausende von Autoren, die die Änderungen an den Dokumenten verfolgen und bei fehlerhaften Beträgen die Änderungen zurücknehmen beziehungsweise richtigstellen. Das kann gelegentlich zu Edit-Wars führen, bei denen dann die im Verhältnis zur Größe von Wikipedia erstaunlich klein besetzte Wikimedia Foundation mal drauf hauen muss - aber: es funktioniert. Es funktioniert, weil es eine genügend große Zahl von aktiven Autoren gibt (also Autoren, die nicht nur gelegentlich Inhalte eintragen). Bei Unternehmens-Wikis sieht das anders aus: nimmt man ein KMU mit etwa 100 Beschäftigen in der Verwaltung (von der Einführung von Wikis in der Montagehalle sind wir weit entfernt), so ist die Anzahl der Korrektoren deutlich geringer. Geht man beispielsweise von der 90-9-1 Regel aus die das Verhältnis von Lesern (90%), Gelegenheitsautoren (9%) und aktiven Autoren (1%) beschreibt, so zeigt sich, dass in Unternehmens-Wikis andere Instrumente benötigt werden. Natürlich wird die 90-9-1- Regel in Intranets eine andere Ausprägung haben; die Problematik aber bleibt: es wird sehr wenig Nutzer geben, die intensiv Artikel kontrollieren und Fehler korrigieren. Für die Wiki-Kritiker dagegen sind unvollständige oder falsche Informationen eine willkommene Bestätigung.
Das Forschungsprojekte ICKE 2.0 nimmt sich dieser Problematik an und entwickelt spezielle Funktionen zur Qualitätssicherung. Die dort verfolgten Ansätze konzentrieren sich auf das Messen und Analysieren von Strukturen, Füllständen und Änderungshistorien. Diese Kriterien und Verfahren ersetzen nicht die inhaltliche Prüfung, sie erleichtern aber dem Wikiteam des Unternehmens die Arbeit, indem sie Indikatoren für Fehler und veraltete Informationen liefern.
Die Ansätze, wie diese Verfahren aussehen können, wurden kürzlich auf der WM 2009 Solothurn vorgestellt - der zweijährlich stattfindenden Konferenz über Wissensmanagement.
Für diejenigen, die Interesse an diesem Thema haben - hier ist der Link zum Dokument:
Fuchs-Kittowski, Frank; Hüttemann, Detlef (2009): Towards an Integrated Collaboration and Knowledge Environment for SME based on Web 2.0 Technologies - Quality assurance in enterprise wikis. In: Hinkelmann, Knut; Wache, Holger (Hrsg.): WM 2009: 5th Conference on Professional Knowledge Management. March 25-27, 2009 Solothurn, Switzerland, GI-Edition - Lecture Notes in Informatics (LNI), P-145, Bonn: Köllen Verlag, S. 532-543.
Bei Interesse an diesem Thema freue ich mich über Rückmeldungen.