Neulich beim Stöbern in den Kontakten meines XING Accounts hab ich Rudi wiedergesehen.
Soweit, so gut, aber: Rudi ist vor knapp eineinhalb Jahren verstorben. Bei XING sieht man davon allerdings nichts, und ich stell mir die Frage, wie viele der Leute bei XING und anderen Plattformen vielleicht schon längst verstorben sind. Dies mag momentan noch kein großes Problem sein, in ein paar Jahren (wenn die Plattformen solange durchhalten) allerdings schon. Für die Plattformbetreiber gibt es viele Gründe, dies nicht nachzufragen - schließlich will man viele registrierte User haben. Es gibt aber auch Gründe, dies zu offenbaren, denn bei Kollaborationsplattformen geht es nunmal um Kommunikation und Interaktion.
Also: was tun mit den Karteileichen? (Sorry für dieses pietätlose Wort, aber es entspricht im besten Sinne dem Sachverhalt).
Soll man die Plattformbetreiber informieren? Wenn diese Profile dann gelöscht werden, verschwinden dann auch die Spuren und Erinnerungen an diese Person.
(Ich persönlich erinnere mich häufig an Rudi - dank XING).
Ich finde, ein sinnvoller Umgang wäre es, den Tod der Person sichtbar zu machen. Kollaboration macht keinen Sinn, die Weiterführung der Existenz im Netz dagegen schon. Erst recht die Beibehaltung von Verlinkungen zu anderen Personen, die ja den - spirituell gesprochen - Lebensraum der Erinnerungen an die betreffende Person darstellen.
Bin mal gespannt, wann der erste Plattformbetreiber den Trauerflor als Skin anbietet.
Die Idee kann man natürlich weiterspinnen: Bei zunehmernder Digitalisierung des Alltages werden ohnehin viele Erinnerungen digitaler Natur sein (Sprache, Video, Bilder). Was spricht dagegen, diese zu veröffentlichen und einen Trauerraum im Netz für die Hinterbliebenen einzurichten?
Pieätlos wär das nicht, und damit Geld zu verdienen, im Grunde auch nicht - der Tod ist nunmal ein Geschäft. In Zukunft wird man sich eher am Notebook an Verstorbene erinnern als am Grabstein.
Wer nun meint, dass das eine gute Idee für ein Startup sei - zu spät: das hat Monster Gründer Jeff Taylor mit tributes.com schon vorgemacht - ich frag mich nur, wo das deutsche Plagiat bleibt.
PS - wer jetzt Rudi in meinen XING Kontakten sucht: Macht euch nicht die Mühe. Die Person gibt es (gab es), den Namen hab ich aber ausgetauscht.